Zum StZ-Interview mit Heinz Dürr: „So darf der Städtebau nicht weitergehen“

Morgen erscheint in der Stuttgarter Zeitung ein Interview (hier) mit dem ehemaligen Bahnchef Heinz Dürr. In diesem beklagt er das städtebauliche Konzept im Europaviertel und äußert sich zu den Ursachen, dass das Projekt 24 Jahre nach Vorstellung in der Öffentlichkeit immer noch nicht fertig ist. Seine Einschätzung, dass die Demonstrationen mitursächlich für die Verzögerungen seien sowie die Bahn trotz der Mahnungen der Kritiker den Anhydrit in der Planung unterschätzt habe, kann man so nicht stehen lassen. Die massiven Verzögerungen und Kostensteigerungen hat die Bahn als Bauherrin zu verantworten:

  • Der ehemalige Bahnvorstand Thilo Sarrazin erklärte vor dem Verkehrsausschuss, dass Stuttgart 21 Ende der neunziger Jahre wegen besonderer Unwirtschaftlichkeit auf Eis gelegt wurde. Erst der um ca. 1 Milliarde überteuerte Nahverkehrsvertrag mit dem Land BW aktivierte das Projekt 2001 wieder. Bereits im Dezember 2001 kaufte die Stadt Stuttgart 21 der Bahn die Grundstücke ab. Die Planfeststellungsbeschlüsse des „Tiefbahnhofs“ und die der vier Haupttunnel wurden 2005-2007 vom Eisenbahn-Bundesamt erlassen.
  • Im Februar 2010 starteten offiziell die Bauarbeiten. Auch während der Demonstrationen und der Schlichtung im Herbst 2010 gab es keinen Baustopp. Spätestens nach der Volkabstimmung im November 2011 hätte die Bahn das Projekt forcieren können. Doch Kostenexplosionen, fehlende Baugenehmigungen und Planänderungen, wie z.B. beim Grundwasser und Brandschutz, sowie die schwierige Stuttgarter Geologie führten zu deutlichen Bauverzögerungen. Während der Bauzeit wurde die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 erst von 2019 auf 2020, dann auf 2021 und zuletzt auf 2025 verschoben.
  • Von vorneherein wurden laut Sarrazin die Risikofaktoren der schwierigen Stuttgarter Geologie bewusst nicht miteingerechnet, um die äußerst knappe Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht kippen zu lassen.  Die Aussage von Heinz Dürr „Wir haben alles getan, um die Planung so genau wie möglich hinzubekommen. Hinterher ist man immer klüger„, steht im krassen Gegensatz dazu.
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