Vor vier Tagen hatten wir noch in einem Beitrag zum schleppenden Baufortschritt die seit über zwei Jahren ausstehende Genehmigung des Entfluchtungskonzepts für den „Tiefbahnhof“ erwähnt. Ohne diese kann die Betonierung der ersten von achtundzwanzig Kelchstützen nicht starten, weil die Statik davon abhängig ist. Jetzt wurde der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamts vom 19.März für die Genehmigung der geänderten Fluchtwege in der 18.Planänderung im PFA 1.1. veröffentlicht. Die Stuttgarter Zeitung (Meldung / Kommentar) und die Stuttgarter Nachrichten (Meldung) berichten ausführlich darüber. Hieraus ein paar Informationen:
- Das Entfluchtungskonzept wurde komplett überarbeitet, d.h. die 2015 noch auf den Bahnsteigen genehmigten Fluchttreppenhäuser entfallen. Sie hätten die Fluchtweg stark verengt und die Flüchtenden auf den Straßburger-Platz mit den Lichtaugen geführt, aus denen nach dem geänderten Entrauchungskonzept der Rauch mittels Hochleistungsventilatoren ausströmen soll. Die StN schreiben: „Daran gab es scharfe Kritik. Flüchtende Reisende wären über die Treppenhäuser auf den Platz auf dem Bahnhofsdach gelangt. Ein Gutachten sah sie dort im sicheren Bereich, obwohl über Klappen auf dem Dach der Rauch aus dem Bahnhof abziehen sollte. Das soll er, gelenkt durch die Luft von Turbinen am Südende des Bahnhofs und bei der Rettungsausfahrt Prag, auch weiterhin. Das Dach ist nun aber nicht mehr Fluchtpunkt, der Austritt für die flüchtenden Personen liegt von den Rauchklappen entfernt. Wer sich auf dem Dach aufhalte, müsse es bei Erkennen einer Gefährdung verlassen, sagt die Bahn.“
- Die Fluchtwege sollen jetzt über die beiden Enden der Bahnsteighalle nach oben erfolgen. Am nördlichen Bahnsteigende über vier Lucken-Öffnungen am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz erfolgen und am südlichen Bahnsteigende über den regulär geplanten Gitterschalenzugang, der über Treppen und einen neu geplanten Tunnel erreichbar sein soll.
- Kurz vor Inbetriebnahme des neuen unterirdischen Bahnknotens muss sich die Bahn von Sachverständigen bestätigen lassen, dass „die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit der unterschiedlichen Anlagen und Einrichtungen der Brandschutzanlagen zur Inbetriebnahme gegeben ist“.
- Es wurden nicht alle Forderungen der Branddirektion und des Regierungspräsidiums vom EBA berücksichtigt, wie Rauchdedektoren an den Gleisenden, eine Verbreiterung der gemeinsamen Fluchtwege mit der S-Bahn oder das Anrücken der Stuttgarter Feuerwehr bei jedem Alarm.
- Die Genehmigung der Entfluchtung kann auch nur mit Abweichungen vom Regelwerk der Bahn erfolgen. Für Fluchtwege, die schmäler als 1,20 Meter sind, werde laut StN die Bahn eine „Zustimmung im Einzelfall“ erhalten. Die Bedenken der Behindertenverbände wurden zurückgewiesen.
- Das Eisenbahn-Bundesamt hielt weder eine öffentliche Anhörung, noch eine Bekanntmachung für erforderlich,“ weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelt“.
Mit der von der Bahn lang erwartenden Genehmigung müsste es jetzt beim Bau der technisch komplexen Kelchstützen losgehen. Die erste Kelchstütze soll im Lauf des Sommers betoniert werden. Ein Video der StZ zeigt wie aufwendig dies ist.