Stellungnahme des Netzwerk Killesberg zum genehmigten Entrauchungsbauwerk Killesberg am ZA Prag:
Änderungsplanfeststellungsbeschluss des EBA liegt seit 18.12.2017 vor und entsetzt die Anwohner am Wartberg
Im August 2017 hatte die Stadt Stuttgart zu einer Informationsveranstaltung ins Rathaus geladen, bei der es um die Verlegung des Entrauchungsbauwerks (ERB) Killesberg an den Zwischenangriff Prag ging. In der Runde, an der neben der Bahn auch Vertreter der Anwohner vom Wartberg und vom Dornbusch teilnahmen, war deutlich geworden, dass die Verlegung wohl nicht mehr aufzuhalten ist. Die Stadt vor allem musste sich den Schuh anziehen, dass sie die Verantwortung für diese Verlagerung trägt.
Fakt ist, dass mit Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts (EBA) von 2006 das ERB auf dem heutigen Gelände des Augustinums genehmigt worden war. Mit einem „Deal“ zwischen der Stadt und dem Träger des Seniorenheims wurde das Augustinum trotzdem auf dem Gelände des genehmigten ERB errichtet. Stadt und Bahn argumentierten in der Folge unisono: Das Gelände des Augustinums ist eine gehobene Wohngegend und das ERB muss woanders gebaut werden.
Das ERB wurde „abgeschoben“ an einen Ort, der für die Bahn „billig“ (weil eigenes Gelände) und für die Stadt „außen vor“ war. Die Stadt erteilte mit dem Standort am ZA Prag somit einen Freibrief zu Lasten der Menschen eines nicht minder hochwertigen Wohngebiets. Dass sowohl Stadt als auch die Bahn die alternativen Standorte für das ERB, die das Netzwerk Killesberg schon vor vielen Jahren vorgeschlagen hatte, ignoriert hat, half in der Diskussion nicht weiter, denn warum sollte die Bahn von ihrem Vorhaben auf eigenem Grund und Boden abrücken, wenn die Stadt sie gewähren lässt. Allerdings gab es bei der oben angesprochenen Informationsveranstaltung einige Perspektiven, die den Anwohnern Hoffnung gaben, beispielsweise die Begrünung des wuchtigen Baukörpers oder – mit Blick auf den Testbetrieb – der Einbau von Schalldämpfern und das Schließen des Tores zur Rettungszufahrt während der Tests.
Die Tatsache, dass die Anwohner trotz rechtzeitig gestellter Anträgen an das Eisenbahnbundesamt (EBA) im Planänderungsverfahren nicht beteiligt wurden und somit ihre Betroffenheit von der Verlegung nicht vortragen konnten, ist Ausdruck der Verlogenheit des Verfahrens bzw. der Arroganz der Akteure Stadt und Bahn. Mit Schrecken muss man jetzt – mit Vorliegen der Planänderung – erkennen, dass auch das Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart und das Regierungspräsidium Stuttgart bei der Genehmigungsbehörde EBA wichtige Anliegen und Forderungen nicht durchsetzen konnten mit der Begründung, dass es sich „um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelt“:
- So forderte die Stadt Stuttgart in ihrer Stellungnahme an das EBA vergeblich eine nahezu vollständige Einschüttung und Begrünung des Entrauchungsbauwerkes.
- Ebenfalls wurde die Forderung der Stadt Stuttgart nach einer Begrenzung des Schallpegels während der Testbetriebe von der Behörde aus technischen Gründen abgelehnt.
- Auch die Forderung der Stadt Stuttgart, die Nachbarschaft rechtzeitig vor Beginn des jeweiligen Testbetriebes über dessen Dauer und Zeitpunkt zu informieren, wird unter Hinweis auf die „Unüblichkeit und Unverhältnismäßigkeit“ abgelehnt.
- Das EBA hält auch das von der Stadt geforderte Notfallmanagement im Brandfall zum Schutz der Anwohner vor toxischen Rauchgasen für nicht erforderlich.
Die Betroffenheit der Anwohner am Wartberg ist also mehrfach: Mit dem „Änderungsplanfestellungsbeschluss“ des EBA vom 18.12.2017 scheint nicht nur die Verlegung des ERB in die unmittelbare Nachbarschaft der Wohngebiete Wartberg und Dornbusch unwiderruflich zu sein; vielmehr scheint auch der Betrieb des ERB – entgegen aller Versprechungen der Bahn – zu Dauerbelastungen zu führen. Und das in einem Wohngebiet, das seit Beginn der S-21-Arbeiten jahrelang durch die Bewetterungsanlagen Tag und Nacht extremen Belastungen ausgesetzt ist durch Lärm, Luftverschmutzung und Vibrationen.
Das EBA sieht „keine erhöhte Betroffenheit“ und lehnt damit alle Einwendungen der Anwohner und der sonstigen Einwender ab. Damit einhergehend ist auch allen Vorsichtsmaßnahmen und jeglicher Rücksichtnahme gegenüber den Anwohnern eine Abfuhr erteilt worden. Stellvertretend für die Haltung des EBA steht die Begründung der Ablehnung der Forderung nach Ankündigung des Testbetriebs wörtlich im Beschluss: „Die Information der Nachbarschaft betrifft die Stadt Stuttgart nicht selbst; sie erhebt diese Forderung für Dritte“. Solche Positionen der Genehmigungsbehörde sprechen für Hohn und fehlende Verantwortung.
In der Rathausveranstaltung hatte der Immissionsschutzbeauftragte Peter Fritz zugesagt, dass die umliegenden Anwohner über dem Entrauchungsbauwerk keine relevanten Geräuschimmissionen durch den Bahnbetrieb mitbekommen. Aus dem Genehmigungsbescheid geht jedoch hervor, dass dies nur erreicht werden kann, wenn das „Rolltor und die Lamellen des Entrauchungsbauwerk dem Stand der Technik entsprechen, um bei Druckschwankungen, die durch den Schienenverkehr im Tunnel erzeugt werden, schalltechnischen Sekundäreffekte zu vermeiden“. Diese Zusage wurde jedoch von der Bahn erst nach der Einwendung durch die Stadt Stuttgart gegeben.
Ob die schalltechnische Bewertung des langjährigen Gutachters und Immissionsschutzbeauftragten Peter Fritz auch tatsächlich realistisch ist, bleibt abzuwarten. Bekanntermaßen musste die Bahn den aktiven und passiven Schallschutz bei vielen S21-Baustellen nachbessern, weil der Gutachter die Belastungen viel zu niedrig angesetzt hatte.
Was mit dem Änderungsplanfestellungsbeschluss noch alles an Überschreitungen von Norm- und Richtwerten zugelassen ist, mag man im Einzelnen gar nicht verfolgen. Man müsste sich den Beschluss vornehmen, einem Juristen übergeben und dann klagen. Dies ist aber schon Mitte Januar nicht mehr möglich, weil die Einspruchsfrist überschritten ist. Tolle Methode: der Beschluss wird wenige Tage vor Weihnachten veröffentlicht, dann sind schon mal 3 Wochen verstrichen….