Warum auf dem S21-Lenkungskreis trotz Bauverzögerungen nicht mit einem neuen Zeit- und Kostenrahmen zu rechnen ist

Am Freitag treffen sich wieder Vertreter der Bahn, des Landes, der Stadt und der Region auf dem S21-Lenkungskreis. Die beiden Stuttgarter Zeitungen (StN / StZ) berichten im Vorfeld über die Bauverzögerungen beim „Tiefbahnhof“ und dem Flughafenanschluss sowie absehbare Kostensteigerungen:

  • Obwohl die Bahn keine entsprechenden Gegensteuerungsmaßnahmen für die bislang eingeräumte zweijährige Bauverzögerung umsetzte, gilt weiterhin der offizielle Inbetriebnahmetermin Dezember 2021.
  • Entgegen der Ankündigung der Projektgesellschaft vom Mai 2017 kann bis Ende des Jahres nicht die erste der 28 Kelchstützen für die Bahnsteighalle fertig gestellt werden. Die Bauarbeiten stocken, weil die Genehmigung für die geänderten Fluchtwege weiterhin aussteht.
  • Mit weiteren Zeitverzögerungen ist laut StN beim Bau des Filderabschnitts am Flughafen zu rechnen. Die Klage der Schutzgemeinschaft Fildern gegen den Planfeststellungsbescheid wird vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim nicht vor 2018 behandelt.
  • Die StN rechnen damit, dass auch der zuletzt vom Aufsichtsrat freigegebene Kostenrahmen überschritten wird und schreiben dazu: „Bei Thema S-21-Kosten erkannte Volker Kefer 524 Millionen Euro „Gegensteuerungsbedarf“. Nur wenn man die spare, ließe sich die vom Aufsichtsrat freigegebene Grenze von 5,987 Milliarden für Stuttgart 21 halten. Bis April 2017 konnten drei Millionen eingespart werden. Pofalla wird den Bahn-Aufsichtsrat also schon bald um einen Nachschlag bitten müssen.“
  • Die StZ schreibt zu den Kosten: „Im StZ-Interview im April zeigte sich Ronald Pofalla zuversichtlich, binnen zwölf Monaten Konkreteres zum Inbetriebnahmetermin sagen zu können. Denn Anfang des Jahres stehen die letzten großen Vergaben an. Dem Vernehmen nach geht es dabei nochmals um Arbeiten im Gegenwert von mehr als einer Milliarde Euro. Die zuletzt stark anziehenden Baupreise könnten diese Kalkulation aber ins Wanken bringen. Zudem ist auch noch nicht klar, welche finanziellen Auswirkungen die Verzögerungen auf den Baustellen sowie der Mehraufwand beim Tunnelbau in schwierigen geologischen Formationen hat.“ 

Mit Blick auf die städtebaulichen Planungen fordert Oberbürgermeister Fritz Kuhn „aktuelle Informationen zum Stand des Projekts, der Kosten und zum Termin der tatsächlichen Fertigstellung„.

Doch seit 2013, wie beispielsweise im Oktober 2014, musste die Bahn auf den Lenkungskreisen einen Bauverzug von zwei Jahren einräumen, der durch „optimierte Bauabläufe“ wieder eingeholt werden sollte. Adäquate Gegensteuerungsmaßnahmen blieb die Bahn jedoch schuldig. Wenn man die Informationspolitik der Bahn auf den letzten Lenkungskreisen anschaut, wird nach unserer Einschätzung den Projektpartnern übermorgen auch kein neuer Zeit- und Kostenrahmen für Stuttgart 21 präsentiert. Die Bahn wird wahrscheinlich „lediglich“ Zeitvervögerungen in weiteren Abschnitten einräumen. Aus unserer Sicht sprechen folgende Gründe dafür, dass -wie Bahnvorstand Roland Pofalla es im StZ-Interview erwähnte- erst im 1.Quartal 2018 mit neuen Zahlen für Stuttgart 21 zu rechnen ist:

  • Im Vorfeld des Lenkungskreises müsste der Aufsichtsrat der Bahn vom Bahnvorstand über die neue Entwicklung bei Stuttgart 21 offiziell informiert werden. Die letzten beiden Aufsichtsratssitzungen wurden wegen Personalfragen verschoben.
  • Es stehen nicht nur weitere Vergaben, sondern auch Verhandlungen mit wichtigen Baufirmen über Vertragsverlängerungen an. So laufen Verträge, beispielsweise mit der Züblin AG  (Tiefbahnhof mit Dükern) und der ARGE S21 (Zuführung Unter- und Obertürkheim), Ende 2018 aus und müssen wegen den Bauverzögerungen verlängert werden.
  • Aktuell laufen die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Eine Verschiebung des Inbetriebnahmetermins und weitere Kostenexplosionen beim hochpolitisierten Großprojekt Stuttgart 21, an dem einmal die „Zukunftsfähigkeit Deutschlands“ geknüpft wurde,  kämen da zur Unzeit.
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