Wie wir berichtet haben, wurden nach den Sommerferien – ohne die Anwohner zu informieren- am Schützenplatz blaue Rohre installiert und dort ein weiterer Infiltrationsbrunnen angeschlossen. Das Netzwerk Kernerviertel hat daher bei der Bürgerbeauftragten Alice Kaiser wegen der Gründe, der Risikoabklärung für diesen Brunnen und der Auswirkungen auf den geplanten Umbau des Schützenplatzes nachgehakt. Anfang Oktober ist die ausführliche Antwort eingetroffen.
Das Netzwerk erhielt auch Einsicht in die Antragsunterlagen und die Genehmigung des zusätzlichen Brunnens am Schützenplatz, den das Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart hinsichtlich des geotechnischen Risikos der Gipsauslaugung als unbedenklich einschätzte. Die Genehmigung dieses Brunnen im Januar 2017 erfolgte zusammen mit vierzehn weiteren zusätzlichen Infiltrationsbrunnen für den Bau des „Tiefbahnhofs“ im ehemaligen mittleren und im oberen Schlossgarten.
Darüberhinaus hat die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH (PSU) im Rahmen der 19.Planänderung noch sieben weitere Infiltationsbrunnen im Umkreis der Baustelle beantragt. Darunter auch einen im Kernerviertel, nämlich den stillgelegten Brunnen 202 in der Werastraße/ Ecke Sängerstraße. Dieser war im Zuge des Planänderungsverfahrens zum Grundwassermanagement auf Anraten der Stadt Stuttgart aus dem Infiltrationsprogramm genommen worden. Sobald eine Entscheidung des EBAs über die beantragte Planänderung weiterer Infiltrationsbrunnen veröffentlicht ist, werden wir darüber berichten. Das Netzwerk hält auch eine Information der Anwohner des Kernerviertels von Seiten der Bahn über die zusätzlichen Brunnen bei der nächsten Rathausveranstaltung für notwendig.
Hier nun die Antworten von Seiten der Bürgerbeauftragten Alice Kaiser auf die Fragen des Netzwerks Kernerviertel:
Frage 1: Warum ist jetzt am Schützenplatz ein zusätzlicher Infiltartionsbrunnen erforderlich? Welcher Baubereich soll durch die Infiltration des Wassers gestützt werden?
Die Inbetriebnahme des Steuerpegels SP20 als Infiltrationsbrunnen ist eine Alternative zur Herstellung von Ersatzbrunnen. Die Ersatzherstellung von Brunnen ist und war Teil der Planungen. So ist einerseits Ersatz für Brunnen zu schaffen, die infolge der Bauarbeiten ersetzt werden müssen. Andererseits wird mit den derzeitigen Maßnahmen des GWM das Ziel verfolgt, die Versickerungsanlagen zu ergänzen, um die Versickerungsleistung insgesamt zu verbessern. Dabei geht es im Wesentlichen um die Verbesserung der langfristigen Wasserbilanzen und die weitere Minimierung der Wasserentnahme.
Frage 2: Wurde das Sulfatsgesteinsrisiko/Gipsauslaugung für die geplante Nutzung dieses Steuerpegels als Infiltationsbrunnen aktuell geprüft und gutachterlich ausgeschlossen? Gibt es dazu einsehbare Unterlagen bei der Stadt Stuttgart?
Eine gutachterliche Stellungnahme zur Umnutzung des Steuerpegels SP20 als Infiltrationsbrunnen hinsichtlich Gipsauslaugung erfolgte durch den Sachverständigen für Wasserwirtschaft (ARGE WUG) im Rahmen des Antrages der Bahn zur Fortschreibung des Infiltrationskonzepts vom 10.08.2016. Hierin kommt dieser zu Einschätzung, dass die in SP20 festgestellten gipsführenden Horizonte weit oberhalb des Infiltrationshorizontes liegen und somit eine dortige Infiltration als problemlos angesehen wird. Das Amt für Umweltschutz hat die beantragte Umnutzung des SP20 geprüft und kommt in seiner Stellungnahme vom 27.09.2016 an das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) aufgrund eigener Erkenntnisse zur gleichen Einschätzung. Das EBA hat daraufhin mit Bescheid vom 12.01.2017 den SP20 als zusätzlichen Infiltrationsbrunnen zugelassen.
Ergänzend hierzu ist anzumerken, dass die geotechnischen Sachverständigen bereits im Rahmen der 7. Planänderung PFA 1.1/6. Planänderung PFA 1.5/ 2.Planänderung PFA 1.6a die Zeitdauer der Baumaßnahme S21 als zu gering ansehen, um spürbare Auswirkungen auf die Geländeoberfläche herbei zu führen (vgl. WBI, CDM, ARGE WUG: zusammenfassende Stellungnahme Geotechnik, Stand: März 2013).
Bezugnehmend auf Ihre Anfrage erlaube ich mir noch eine ergänzende Klarstellung, da dies immer wieder vorgebracht wird (und sich seit Jahren das Gerücht hartnäckig hält): ein Sulfatsgesteinsrisiko bei dem IBr 202 besteht auch nicht. Der damalige Verzicht auf die Nutzung des IBr 202 war eine Würdigung der nach Einschätzung der Experten unbegründeten Besorgnis von einigen Einwendern. Siehe auch „Stellungnahme des Vorhabenträgers zu häufig wiederkehrenden Einwendungen im Planänderungsverfahren S 21 Grundwassermanagement“.
[Anmerkung Netzwerke 21: wegen der Risikoeinschätzung zum Brunnen 202 hat das Netzwerk Kernerviertel aktuell erneut bei der Bürgerbeauftragten nachgehakt. Auch im Schreiben des Amts für Umweltschutz vom 27.September 2016 wurde der damalige Ausschluss des Brunnens 202 wegen Subrosionseffekten („Gipslagen knapp über und unterhalb der Filterstrecke“) kurz erwähnt.]
Frage 3: Wie lange soll der Brunnen am Schützenplatz in Betrieb bleiben? Bis zum Abschluss des Vortriebs des Anfahrbereichs Süd oder der Rohbau-Fertigstellung des Tiefbahnhofs?
Die Nutzungsdauer des Brunnens am Schützenplatz hängt von den zukünftigen natürlichen hydrologischen Verhältnissen und dem infolge des Bauablaufs festgestellten Bedarf ab. Nach heutiger Erwartung kann der Bedarf bis zum Ende der Wasserhaltungen im PFA 1.1, d.h. also ggf. bis zur Rohbau-Fertigstellung des Tiefbahnhofs bestehen.
Frage 4: Ist trotz der blauen Rohre die von der Stadt Stuttgart vorgesehene Umgestaltung des Schützenplatzes möglich oder verzögern sich dadurch die dafür erforderlichen Bauarbeiten?
Der Aufbau der Leitungen wurde mit der Stadt Stuttgart unter Berücksichtigung der Umgestaltungsmaßnahmen abgestimmt. Die Umgestaltung des Schützenplatzes ist dennoch möglich. Die Stadt kann ihre Maßnahme, wie von ihr vorgesehen, umsetzen.
Der Vollständigkeit halber: Zum übergeordneten Thema Grundwassermanagement sind zahlreiche Unterlagen auf der Internetseite des Projekts unter www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de veröffentlicht.