Nächste Woche tagt am 14.Dezember der Aufsichtsrat der DB AG. Unter anderem steht das KPMG-Gutachten zu Stuttgart 21 auf der Tagesordnung. Im Vorfeld der Sitzung und nach den für die Bahn kritischen Berichterstattungen über das aus Sicht der Prüfer unterschätzte Anhydrit-Risiko findet sich heute in der Stuttgarter Zeitung ein ganzseitiges Interview mit Bahnchef Rüdiger Grube dem Titel „Wir machen hier nicht Jugend forscht“.
Darin bekennt er sich klar zu Stuttgart 21 und zweifelt die Zahlen des Bundesrechnungshofs an. Auch die Risikoeinschätzung des von der Bahn beauftragten KPMG-Gutachtens teilt er nicht. Deutlich wird, dass die Bahn weiterhin Risiken unter 50% nicht mit in die Kostenkalkulation berücksichtigt. So führt Rüdiger Grube aus: „Bei der Bewertung der Risiken haben KPMG und Ernst Basler eine andere, die Schweizer Methode, angewendet. Risiken haben eine Eintrittswahrscheinlichkeit. Liegt die bei größer 50 Prozent, sagen wir: Das tritt ein. Bei allem unter 50 Prozent sagen wir: Das verhindern wir.“
Dies deutet daraufhin, dass der designierte Infrastrukturvorstand Roland Pofalla, über den die StZ heute kritisch berichtet (Bericht / Kommentar), die bisherige Risikobewertung von Stuttgart 21 nicht revidieren wird. Die Frankfurter Rundschau schrieb noch im Juni nach dem Rückzug Volker Kefers:“ „Eins ist doch klar“, sagt ein Bahn-Insider, „jeder Nachfolger wird die Risiken neu bewerten, von denen Kefer noch der Meinung war, er könne sie managen, um nicht gleich mit einem bleischweren Rucksack an den Start zu gehen. Allein durch einen personellen Wechsel wird Stuttgart 21 jetzt definitiv teurer und später fertig.“
In der Sitzung des Aufsichtsrates sollen nach Aussage von Rüdiger Grube auch die Gegensteuerungsmaßnahmen bei Stuttgart 21 behandelt werden. Klar ist, dass beim Bau des „Tiefbahnhof“ nur ein der mehr als zwei Jahre Bauverzögerung eingeholt werden kann. Von einer Fertigstellung Ende 2022 ist die Rede. Nur um den Druck auf die Baufirmen und Genehmigungsbehörden aufrecht zu erhalten, wird offiziell weiterhin an 2021 festgehalten.
Dies und die weiterhin unterschätzten Bau- und Kostenrisiken kritisiert Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis in einem Interview mit der Jungen Welt (hier): „Aufgrund der unterschätzten Risiken ist der Termin für die Fertigstellung zu optimistisch: Zunächst war von 2019 die Rede, dann von 2021. Das täuscht die Bahn AG der Öffentlichkeit immer noch vor, obgleich intern längst Ende 2024 anvisiert ist, wie auch das Gutachten nahelegt. Jeder, der dafür Verantwortung trägt, müsste mittlerweile überzeugt sein: Das Projekt muss gestoppt werden.“