Beitrag des Netzwerk Killesberg und Umbung e.V:
Das Gebiet Wartberg und mit ihm der Dornbusch sind Schwerpunkte der Betroffenheit entlang des Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.5 von Stuttgart 21. Derzeit sind in keinem anderen Abschnitt die prognostizierten Immissionswerte, vor allem hinsichtlich Lärm und Staub, so hoch wie hier. Dies ist vor allem der Nähe der C2-Logistikfläche und der unmittelbaren Nachbarschaft des Zwischenangriffs (ZA) Prag geschuldet. Die Anwohner dort sind mehr betroffen als anderswo. Und die Bahn ist dort mehr gefordert als irgendwo anders im Norden. Dies ist in den letzten Wochen in massiver Realität deutlich geworden.
1. Aktuelle Immissionen
Nach anhaltenden Klagen der Anwohner rund um den Zwischenangriff Prag (Wartberg und Dornbusch) über die dortigen Lärm, Staub- und Erschütterungsbelastungen wurden im Februar und März immerhin reale Schallmessungen vorgenommen. Die zugehörigen veröffentlichten Messberichte des Ingenieurbüros Fritz bzw. der Bahn (15.-21.3.16) betreffen aber nur einen Messpunkt „IB-S2“ an der Stresemannstrasse, der auf die verschiedenen Wohnsituationen nicht übertragbar ist. Man hätte sich Messungen gewünscht, die wohnungsnäher sind. Zumal das vom EBA freigegbenene Messkonzept für den PFA 1.5. dies vorgibt. Hier ein Auszug:
Dass aktuelle Messungen im Auftrag der ausführenden Firmen durchgeführt werden, macht Hoffnung, dass sich zeitnah etwas verbessert.
Die Klagen der Anwohner sind alt. Die Versuche der Bahn, hier Verbesserungen und Linderung der Lärmbelastungen zu erreichen, währen nun auch schon viele Monate. Innerhalb von sechs Wochen gab es zwei Gesprächsrunden bei der DB Projekt (PSU), zu der die Anwohner eingeladen waren. Schon in der ersten Gesprächsrunde am 15. Februar, bei der die Anwohner primär über den Verzicht auf das Schallschutzdach und auf den nächtlichen Abtransport des Abraums am ZA Prag informiert werden sollten, waren die verstärkt laufenden und extrem störenden Bewetterungsanlagen sehr schnell Thema Nummer 1. Diese Bewetterungsanlagen beeinträchtigen durch Lärm und Vibrationen das Leben der Menschen am Wartberg bei Tag und bei Nacht. Viele können kaum noch schlafen.
In einer zweiten Gesprächsrunde am 22. März signalisierte die Bahn „Verständnis für die Betroffenen“ und teilte mit, dass Maßnahmen zur Schallvermeidung „in Prüfung seien“. Das Ausmaß der Belastungen durch die Lüfter zur Tunnelbewetterung sei selbst für die Bahn „überraschend“ gekommen. Wenig Verständnis zeigten die betroffenen Anwohner dafür, dass die Bahn gegenüber ihren Auftragnehmern nur bedingt wirksame Druckmittel hat, die Emissionen der Lüfter zu reduzieren. Eine Entscheidung der Bahn, auf Kosten des schnelleren Vortriebs die Lüfterleistung auf niedrigerem Niveau zu betreiben, wurde freilich anerkannt, ebenso wie die Entscheidung, einen der Lüfter durch einen Größeren auszutauschen. Ob dies nachhaltig wirkt, wird bezweifelt. Denn inzwischen nimmt die Belastung durch die Bewetterungsanlagen wieder empfindlich zu!
Was die Anwohner sehr ungehalten macht, ist die Umsetzung des passiven Schallschutzes, der zunächst zugestanden, dann wieder aberkannt, dann wieder genehmigt worden war. Von den Zusagen an die Betroffenen, dass dessen Realisierung in Form von Schallschutzfenstern großzügig und unbürokratisch erfolgen würde, ist vieles nicht eingelöst worden. Demnach war die Enttäuschung der Anwohner groß, als der berechnete Schallschutz in vielen Fällen nicht annähernd den real benötigten Schutz erwies.
2. Geplantes Entrauchungsbauwerk
Seit drei Jahren droht die Verlegung des Entrauchungsbauwerks Killesberg zum ZA Prag. Die Stadt Stuttgart hatte im Sommer 2013 dafür gesorgt, dass der ursprüngliche Standort am Killesberg (seinerzeit im Bereich der Messe planfestgestellt) gestrichen wird, weil er mitten im heutigen Augustinum gelegen wäre. Der neue Standort war umstritten. Das Netzwerk Killesberg hatte sich von Anfang an gegen einen Standort ZA Prag ausgesprochen und eine vernünftige und praktikable Alternative vorgeschlagen. Diese war aber weder von der Stadt, noch von der Bahn, noch vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) aufgegriffen worden.
Am 15. Februar hatte die Bahn in einer Pressemitteilung verlautbart: „Das Entrauchungsbauwerk wird zum Zwischenangriff Prag verlegt“. Punkt! Diese unmissverständliche Aussage erfolgte ungeachtet der Tatsache, dass die Verlegung beim EBA noch gar nicht beantragt, geschweige denn genehmigt war.
Vor diesem Hintergrund war die beabsichtigte Verlegung ein weiteres wichtiges Thema in der Gesprächsrunde von Bahn und Anwohnern am 22. März.
Klaus-Jürgen Bieger, der Brandschutzbeauftragte der Bahn, führte dabei aus: „Moderne Züge können kaum brennen, wenn doch, fahren sie weiter bis in den Hauptbahnhof oder ins Freie“. Also seien Entrauchungsbauwerke (EBW) nur für absolute Extremsituationen notwendig, so Bieger. Es treten dann Schallemissionen von bis zu 100 dB auf. Im Normalfall ruhen die EBW. Allerdings ist ein regelmäßiger Testbetrieb erforderlich, und zwar einmal monatlich. Dabei ist mit ca. 50 dB zu rechnen. Einmal jährlich ist ein Testlauf unter Volllast (100 dB) angesagt. Über die Dauer der Testläufe gab es unterschiedliche Aussagen.
Bieger widersprach den Aussagen der Anwohner und des Netzwerks Killesberg, dass der Standort am ZA Prag technisch problematisch sei. Die Bedenken des Netzwerks ergeben sich aus der Lage des ZA Prag, ist er doch fernab der zu entrauchenden Haupttrasse und fernab des Hauptbahnhofs gelegen, und damit funktional unzureichend. Bieger berichtete noch, dass für das Stuttgarter Tunnelsystem 25 verschiedene Brandfälle simuliert worden seien und dass der ZA Prag von Anfang an als Standort-Alternative im Gespräch war. Die Bedenken ausräumen konnte er damit bei niemandem in der Runde.
Zum Zeitrahmen: Das Entrauchungsbauwerk soll erst gebaut werden, wenn der Bau des Feuerbacher Tunnels komplett (mit Innenausbau) abgeschlossen ist. Es muss funktionsfähig sein, bevor erste Zug-Tests im Tunnel – „irgendwann zwischen 2018 und 2020“ – laufen.