Die Stuttgarter Zeitung (hier) und Kontext (hier) berichten diese Woche über die Kritik der Ingenieure 22 am Brandschutz- und Entrauchungskonzept für den „Tiefbahnhof“ und den Tunneln. Der Brandschutz ist weiterhin eine Achillesferse bei diesem Projekt. Die Stadt sieht laut OB Fortschritte, aber die Ingenieure halten das Konzept für nicht genehmigungsfähig.
Kontext schreibt dazu: “ Stuttgart 21 ist auf gutem Weg, den Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg BER als chaotischste Skandalbaustelle Deutschlands abzulösen, sagen die projektkritischen „Ingenieure 22“. Grund für die Befürchtung: Beim schwäbischen Tunnelbahnhof gehe es beim Brandschutz weiter drunter und drüber….Im September 2012 bescheinigte die Schweizer Gruner AG der Bahn „kein gesamthaftes, funktions- und genehmigungsfähiges Konzept“ zu haben, um Reisende sicher aus der Bahnhofshalle zu evakuieren. Ein Anfang 2013 vorgelegter weiterer Entwurf scheiterte am Veto der Stuttgarter Feuerwehr. Erst im vergangenen März gab das EBA dem Brandschutzkonzept endlich grünes Licht, freilich mit der Auflage, zahlreiche ungelöste Fragen im weiteren Planungsablauf zu klären. Das HBI Haerter-Gutachten soll nun den „Nachweis für die Erreichung der festgelegten Schutzziele“ erbringen. In der Lenkungskreissitzung vom 20. April 2015 gab sich die Bahn optimistisch, bis zum September ein positives Feedback vom EBA zu bekommen. Doch daraus wurde nichts.
Die „Ingenieure 22“ glauben den Grund für den erneuten Zeitverzug zu kennen. „Die Ausarbeitung der Schweizer Gutachter ist in wesentlichen Teilen unzureichend und mangelhaft, teilweise grob fehlerhaft und technisch so nicht umsetzbar. Der Nachweis einer sicheren Entrauchung der Tiefbahnsteighalle S-21 sowie der Zulauftunnel ist damit nicht erbracht“, sagt Heydemann.“
Dipl. Ing. Hans Heydemann, der in seiner aktiven Berufszeit Lüftungs- und Entrauchungsanlagen für Industrie- und Verwaltungsgebäude plante, hatte Mitte Oktober beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) das aktuelle 165-seitige aktuelle Gutachten zum Brandschutz eingesehen und ausgewertet. Die Ergebnisse hatte er auf der 299. Montagsdemo erstmals vorgestellt. Seine Rede finden Sie hier. Den Schriftverkehr mit dem EBA und das Gutachten der Ingenieure 22 finden Sie auf deren Webseite.
Besonders interessant für die Anwohner des Wartbergs und des Dornsbuschs ist seine Einschätzung zum Entrauchungsbauwerk, das die Bahn entgegen der Planfeststellung an den Zwischenangriff Prags verlagern will. Seine Kritik, dass diese Stelle lüftungstechnisch ungeeignet ist, deckt sich mit den Schreiben des Netzwerks Killesberg an die Stadt und die Bahn; zuletzt in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister Fritz Kuhn. So heißt es u.a. in Hans Heydemanns Rede zum Entrauchungsbauwerk am ZA Prag:
„Zur Entrauchung des Feuerbacher Tunnels ist ein EBW am Augustinum auf dem Killesberg planfestgestellt. Die Stadt will es da nicht haben, weil dort die besser Betuchten leben, und fordert eine Verlagerung zur Prag an den Wartberg. Das ist lüftungstechnisch aber sehr ungünstig, weil die meiste Luft durch das nahe Feuerbacher Tunnelportal entweichen wird. Außerdem ist das nicht genehmigt und bedingt ein Planänderungs-Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung wegen neuer und anderer Betroffenheiten! Weil Rettungszufahrt und Tunnel in diesem Bereich bereits gebaut sind, wird diese Planänderung aufwendige Abänderungen erfordern. Womöglich wurden
im Vorgriff von der Planfeststellung abweichende Baumaßnahmen zur Luftführung mit den Bahntunneln bereits ausgeführt; dies wäre ein glatter Verstoß gegen geltendes Baurecht! Das Entrauchungsbauwerk „Prag“ ist hier als unterirdisches Bauwerk dargestellt, obwohl es oberirdisch oberhalb der Rettungszufahrt liegen muß. Die vorliegende Planung ist unzureichend und mangelhaft und technisch so nicht umsetzbar.
Desweiteren weist Heydemann auf eine viel zu niedrig ausgelegte Schachthöhe der Entrauchungsbauwerke hin, die nach BImSchG und TA-Luft erheblich höher sein muss:
„Die Austrittshöhe von Rauchgasen muß oberhalb der Nachbar-Bebauung und des Baumbestandes liegen und ist durch ein Immissionsgutachten festzulegen. Ein solches Immissionsgutachten hatte die Stadt bereits im Juli 2012 gefordert, liegt aber bis heute nicht vor. Für das EBW Prag im Taleinschnitt des Wartberges mit dem hohen Baumbestand ist mit einer Schachthöhe von etwa 40 m zu rechnen; HBI hat eine Schachthöhe von nur 3 m angegeben. Für das EBW Heilbronner Str. hat HBI 5 m
angegeben; es werden wohl mindestens 20 m sein müssen. All das bedingt Änderungen an den bereits im Bau befindlichen Entrauchungsbauwerken!“
Das Netzwerk Killesberg und Umgebung e.V. wird hier nachhaken.