Die Stuttgarter Zeitung berichtet heute in einem lesenwerten Beitrag (hier) über die Cross-boarder-Leasing-Geschäfte, die in den neunziger Jahren Kommunen zur Etatsanierung mit amerikanischen Trusts abgeschlossen hatten. Teile der öffentlichen Infrastruktur wurden an amerikanische Trust verkauft und mit einer Vertragslaufzeit von 99 Jahren wieder zurückgeleast, so beispielsweise das gesamte Stuttgarter Abwasserkanalsystem.
Die in Wirtschaftsenglisch verfassten Vertragsunterlagen werden allerdings als streng geheim unter Verschluss gehalten. Wolfgang Kuebart von den Ingenieuren22 fordert seit langem die Einsicht in die sechs Aktenordner umfassenden Vertragsunterlagen. In einem Prozess vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatte er im November 2014 einen Teilerfolg erzielt. Mehr dazu im damaligen StZ-Bericht.
Ihm geht es um die Frage, ob die Stuttgarter Abwasserkanäle den Amerikaner gehören und ob die für Stuttgart 21 vorgesehenen Bauarbeiten zum Nesenbachdüker und den anderen Abwässerkanälen mit den Cross-Boarder-Leasing-Verträgen kollidieren. So schreibt die StZ über Wolfgang Kuebart und seine langjährigen Recherchen:
„Der Physiker hat alles gesammelt. Unterlagen, die beweisen sollen, das etwas nicht richtig gelaufen ist, als die Stadt Stuttgart ihr Kanalnetz den Amerikanern überlassen hat. 2002 war das,… Kuebart gehört zu den Ingenieuren 22, die gegen Stuttgart 21 vorgehen und die Planung genauestens unter die Lupe nehmen. Für den Tiefbahnhof muss die Deutsche Bahn in das Abwasserkanalnetz eingreifen. Kuebart und seine Kollegen glauben, dass das Abwassernetz heute einem US-Trust gehört. Die Bahn und die Stadt sagen, so stimme das nicht.“
Und BAA (hier) schrieb dazu im November 2014: „Zentrale Knackpunkte bei den CBL-Verträgen sind die Schadenersatzansprüche der US-Investoren bei einem „nicht ordnungsgemäßen Betrieb der verleasten Anlagen im Zeitraum von 99 Jahren und bei einem schuldhaften Verhalten“. Durch diese CBL-Verträge besteht das Risiko, dass die US-Investoren eine Schadenersatzklage vorbereiten, die nach US-amerikanischem Recht verhandelt werden, somit die Stadt Stuttgart wegen Veränderungen des Kanalsystems für S21, auf Milliardensummen verklagt wird.
Das Stuttgarter Wasserforum schreibt dazu: Der CBL-Vertrag Abwasserkanalsystem kollidiert mit S21.. mehr HIER. Hans Heydemann von den Ingenieure 22 beschreibt, wie massiv der geplante S21-Tiefbahnhof in das verleaste Stuttgarter-Kanalsystem eingreift… mehr HIER“.
Update 24.06.: Die Franktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS hat eine Anfrage zum Bau, Unterhalt und Finanzierung der Abwasserdüker gestellt, die im Zuge der „Tiefbahnhof“-Bauarbeiten erstellt oder verlegt werden müssen mit dem Titel „Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des „Nesenbachdüker“ abwenden„. Darin findet sich auch eine Frage zu den rechtlichen Risiken im Hinblick auf die Cross-Boarder-Leasing-Verträge. Lesen Sie hier.