Baulärm im Kernerviertel: was können Anwohner bei unerträglichen Baulärm im ersten Schritt machen ?

Das Kernerviertel wird der durch den Baulärm von Stuttgart 21 am meisten betroffene Stadtteil in Stuttgart sein. Dabei wird den Anwohner, insbesondere im Bereich der Sänger-, Landhaus-, Kerner-, Urban-, Schützen- und Werastraße fast ein Jahrzehnt sehr hohe Belastungen durch den Baustellenlärm zugemutet. Obwohl die eigentlichen Bauarbeiten noch nicht richtig gestartet sind, klagen bereits viele Anwohner unter den ersten Lärmbelästigungen  durch die Piepser der rückwärtsfahrenden Baufahrzeuge und nächtliche Baustellenaktivitäten auf der Baustelleneinrichtungsfläche für die Rettungs-zufahrt neben dem Wagenburgtunnel.  Wir wollen Ihnen Tips geben, was Sie bei einem für Sie unerträglichen Baulärm als erstes machen  und an wen Sie sich wenden können:

1. Beschweren Sie sich bei der Hotline der Baustelleninfo des Kommunikationsbüros, die rund um die Uhr besetzt ist:  0711 / 21 3 21 21 2 oder schreiben Sie eine E-Mail an bauen@stuttgart-ulm.de.

2. Beschweren Sie sich am besten auch bei der Polizei. Wichtig, dass die Lärmbelästig- ungen auch aktenkundig gemacht werden. Empfehlenswert ist auch eine Beschwerde bei der Stadt Stuttgart; entweder direkt über die gelbe.karten@stuttgart.de oder Poststelle32-31.Baustellen@stuttgart.de.

3. Nächtliche Störungen durch die Piepser rückwärtfahrender Baustellenfahrzeuge müssen nicht sein. Die Bahnvertreter hatten auf der Anwohnerveranstaltung im April zugesichert, dass diese jetzt durch optische Systeme ersetzt werden (StZ-Bericht hier).  Es gibt auch keine Pflicht, diese akustischen System zu nutzen (Info hier).

4. Wenn Sie ein Smartphone haben, installieren Sie eine Lärmmess-App (Android / I-Phone), um den Lärmpegel ungefähr messen zu können. Am besten gehen Sie zur Baustelle (auch Nachts) und filmen Sie die Lärmquelle. Bisher hat die Bauinfo bei vielen Beschwerden den nächtlichen Baulärm einfach als „vermeintlich“ abgetan.

5. Lassen Sie sich nicht mit der pauschalen Behauptung abwimmeln, es gäbe keine Überschreitung, es würden alle Lärmwerte eingehalten. Für Gebiete, in denen über- wiegend Wohnungen untergebracht sind, gelten nach der AVV-Baulärm folgende Richt-werte:  Tags max. 55 db(A) / Nachts max. 40 db (A). Die Bahn darf allerdings nach der Planfeststellung in einem gewissen Rahmen die Lärmwerte überschreiten. Dort wurden nach dem Prinzip der oberen Abschätzung die maximalen Lärmpegel  ermittelt (PFA 1.1. Karte S.45/ PFA 1.2. Liste S.28 / Karte Tag S.31 Karte Nacht S 33.) Ab einer mehr als zweimonatigen Überschreitung der o.g. Richtwerte um 5 db (A) ist die Bahn zu Schutzmaßnahmen (z.B. Schallschutzfenster) und ggf. zu Entschädigungen verpflichtet. Die entsprechenden Vorgaben aus der Planfeststellung finden Sie in unserem Handout.

Die schalltechnischen Detailgutachten, die jetzt vor Baubeginn erstellt wurden und deren Lärmprognosen aus Sicht des Netzwerks unzureichend sind, weisen z.T. bereits jetzt schon Überschreitungen dieser Maximalwerte aus der Planfeststellung auf.  Die Lärmwerte, die  zuletzt vom Gutachter prognostiziert wurden, finden Sie in den beiden  schalltechnischen Detailgutachten für den Trogbau (hier /Karte auf S. 48  und in der Liste S.63/64) und für die Rettungszufahrt (hier / Liste S. 42/43) . Die Lärmpegel dürfen jedoch nicht mit der Begründung , dass es sich hier um eine Baustelle im öffentlichen Interesse handelt, auf Dauer beliebig nach oben steigen.

6. Wenn Sie innerhalb von 10 Tagen keine Antwort haben – nochmals schreiben, anrufen oder E-Mail versenden. Fordern Sie von der Bauinfo Messungen und Messdaten ein. Die Bahn hatte zugesagt, Messdaten auch im Internet (hier) zu veröffentlichen.

7. Wenn Sie hier nicht weiter kommen, beschweren Sie sich beim Eisenbahn-Bundesamt – Außenstelle Stuttgart (Olgastr.13 / Tel.22816-0 / Fax. 22816-299 /poststelle@eba.bund.de). Das Eisenbahn-Bundesamt ist die Aufsichtsbehörde, die während der Bauarbeiten zur Überwachung der Lärmschutzauflagen verpflichtet ist.

8. Wenn Sie Eigentümer der Wohnung sind,  fordern Sie bei der Bauinfo einen Auszug aus dem Gutachten für den passiven Schallschutz für Ihr Haus bzw. Ihre Wohnung an. Dieser Auszug muss alle für die Berechnung der Schallschutzfenster erforderlichen Grundlagen enthalten ( prognostizierte Pegel an den einzelnen Fassaden, Berechnung des Innenschallpegels) Dieses Gutachten hält die Bahn bislang mit dem Hinweis auf den Datenschutz unter Verschluss. Als Eigentümer haben Sie jedoch das Recht, die darin ermittelten Lärmprognosen für die jeweiligen Stockwerke und Fassaden Ihres Hauses schriftlich zu bekommen. Vergleichen Sie diese Werte unbedingt mit den Prognosen aus den in 5. genannten schalltechnischen Detailgutachten, ob sie ungefähr realistisch sein können.

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