Es gibt nur noch weniges, das die Netzwerker bei Stuttgart 21 fast sprachlos machen kann. Beispielsweise, dass die Bahn ohne einen Gestattungsvertrag,-erklärung oder eine vorzeitige Besitzeinweisung unter dem Grundstück eines Hauses ihre Tunnel baut. Undenkbar, bis jetzt.
Die Anwohner im Untertürkheimer Lindenschulviertel bekommen wegen der Hotelzusagen als Postwurfsendung deutlich aussagekräftigere Vortriebsstände als im Internet veröffentlicht werden. So auch über den Vortriebsstand am 18.7.2016:
Aus dieser Übersicht ist deutlich zu erkennen, dass der Vortriebsstand Mitte Juli alle betroffenen Gebäude in der Lindenschulstraße bereits erreicht hatte.
Doch im Falle eines Eigentümers in der Lindenschulstraße fand die Verhandlung zur förmlichen Besitzeinweisung vor dem Regierungspräsidium erst danach, nämlich am 27.Juli 2016, statt und musste anschließend noch förmlich vollzogen werden. Der betroffene Eigentümer, der selbst dort nicht wohnt, berichtete nach der Verhandlung:
„Angeblich wollte die Bahn am 24.6. unser Grundstück unterfahren. „Jeder spätere Tag verursacht 25 000€ Zusatzkosten“. Jetzt ist der Baustart auf 17. August verschoben, was somit mehr als 1 Mio Kosten zusätzlich verursachen würde! Dabei hat die Bahn weit über 10 Jahre Zeit gehabt sich rechtzeitig zu kümmern. So wird das Geld verplempert. Aber natürlich hat sowas ja keinen Einfluss auf unsere Belange. Die Protokolle der Beweissicherung erhielten wir erst 4 Tage nach dem ursprünglich geplanten Baustart (24.6.) und sollten sie unterschrieben zurücksenden.“
Wie kann die Bahn vor dem Regierungspräsidium gegenüber dem Eigentümer von einem Baustart ab 17.August sprechen, wenn nach ihren eigenen Unterlagen die Vortriebsarbeiten Unterfahrung bereits am 18.Juli 2016 alle betroffenen Gebäude der Lindenschulstraße erreicht hatten?
Daher hatte sich das Netzwerk Wangen/Untertürkheim zu Beginn der letzten Woche mit folgender Anfrage an die Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH gewandt und wegen der krassen Widersprüche nachgehakt, aber bis heute keine Antwort bekommen:
„Zwei Netzwerkmitglieder aus der Lindenschulstraße XX sind am Abend nach ihrem Termin zur vorzeitigen Besitzeinweisung am Regierungspräsidium am 27.07.2016 auf mich zugekommen und haben aus der Verhandlung Folgendes berichtet:
Angeblich ist laut Bahn das Gebäude frühestens am 17. August 2016 durch die Untertunnelung betroffen, so dass das Regierungspräsidium jetzt nun die vorzeitige Besitzeinweisung veranlassen wird. In Bezug auf die Entschädigung wurde auf Einzelgespräche mit der Bahn verwiesen.
Ebenso wurde bei dem Termin dargestellt, dass ein Mieter. wegen des Lärms ausgezogen ist, eine Nachvermietung im Moment unmöglich ist und dadurch zusätzlich ein finanzieller Schaden entsteht. Auch hier wurde seitens der Bahn auf Einzelgespräche verwiesen.
Nach dem Schreiben der DB ProjektBau vom 18.07.2016 an alle Haushalte im Lindenschulviertel ist der Tunnelvortrieb unter dem Gebäude Lindenschulstraße 13 bereits erfolgt.
Unbeschadet einer rechtlichen Einschätzung der Lage bitte ich umgehend, spätestens bis zum Freitag, den 05.08.2016 um Klärung folgender Fragen:
1. Wie weit ist der Tunnel tatsächlich vorangetrieben?
2. Wie ist die vor dem Regierungspräsidium formulierte Aussage der Bahn, am 17.08.2016 würde der Tunnel unter dem Gebäude Lindenschulstraße xx gebohrt, vereinbar mit der Tatsache, dass der Tunnelvortrieb schon längst erfolgt ist.
3. Bis wann geht die Bahn auf die Personen zu, die durch den unterirdischen Baulärm erheblich in der Nutzung ihrer Wohnungen eingeschränkt sind, und bietet eine Entschädigung an (vgl. Schriftsatz des Eisenbahn-Bundesamtes vom 27.06.2016, Seite 3, im Verfahren XXX/ BRD) Das Bestehen eines solchen Entschädigungsanspruchs wurde in der Stellungnahme beim VGH vom Eisenbahn-Bundesamt bestätigt.“