Die Stuttgarter Zeitung berichtete heute in zwei Meldungen über die Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn. Im Wirtschaftsteil war der lesenswerte Artikel „Deutsche Bahn will aus den roten Zahlen“ über die in der Bilanz versteckten kritischen Kennzahlen hinter den Erfolgsmeldungen des Bahnvorstands und der Kommentar „Grubes Scheinerfolge“ zu finden.
Die zweite StZ-Meldung (hier) betrifft Stuttgart 21 bzw. den Kostenanteil, den die Deutsche Bahn AG für das Großprojekt finanzieren muss. Der Journalist hatte auf der Pressekonferenz nachgehakt und vom Finanzchef des Konzerns die Zahl von 3,5 Milliarden Euro genannt bekommen. In dieser Summe sind die 2 Milliarden Euro enthalten, die im März 2013 vom DB Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung zum Weiterbau freigegeben wurden. Die Projektpartner von Stadt, Land und Region haben eine Mitfinanzierung der Mehrkosten über den 2009 in der Finanzierungsvereinbarung vertraglich vereinbarten Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro abgelehnt. Dieser Antwort zufolge rechnet die DB AG damit, dass sie die Mehrkosten von Stuttgart 21 finanzieren muss.
Die StZ schreibt: „Das Ziel der Bahn sei, bis 2020 für S 21 eigene Mittel von bis zu zwei Milliarden Euro aufzubauen. Einen Teil des Eigenbeitrags habe man bereits durch die früheren Grundstücksverkäufe finanziert. Einen weiteren Teil sollen laufende Einnahmen bringen. Man könne das Projekt so auch nach der Eröffnung noch „im Nachlauf“ finanzieren, den Zeitraum dafür veranschlagt der Manager „bis 2022/23“. S 21 sei Teil der bundesweiten Investitionsoffensive der Bahn, beantwortete Lutz die weitere Frage, ob der Staatskonzern für das Projekt seine Verschuldung weiter erhöhen müsse. Die gesamte Investitionsoffensive werde aus laufenden Einnahmen und steigenden Schulden finanziert. Der bisherige Eigenanteil, den die Bahn für S 21 ausgegeben habe, bewege sich „in überschaubarem Rahmen“.
Die Frage stellt sich, woher die klamme DB AG das Geld hernehmen wird, ohne dass andere Bahnprojekte „kannibalisiert“ werden oder der Schuldenberg in Milliardenhöhe weiterwächst. Dazu passt eine aktuelle Pressemeldung des Bundestages. Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilt die Bundesregierung mit, dass aus den Mitteln der zwischen dem Bund und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) des Bundes geschlossenen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (LUF II) höchstens 497 Millionen Euro für S 21 eingesetzt werden dürfen.
Die Verwendung dieser Bundesmittel für Stuttgart 21 steht ebenfalls im Fokus des Bundesrechnungshofes. Anfang Mai 2016 berichtete die StZ (hier), dass eine zweite Untersuchung des Bundesrechnungshofes bis zum Jahresende fertig sein soll, „in der seit Sommer 2015 die Transparenz der Darstellung der Bundesmittel für S 21 geprüft wird„.
Dabei war Stuttgart 21 für die Deutsche Bahn einmal ein lukratives Projekt. Das Video „Wer finanziert Stuttgart 21?“ ist bereits fünf Jahre alt und geht noch vom damaligen Kostenrahmen von 4,088 Euro für Stuttgart 21 aus. Offiziell beträgt der Anteil der DB AG daran rund 1,5 Milliarden Euro. Das Video zeigt auf, wie der Konzern diesen Anteil durch die Projektpartner wieder refinanziert:
Mehr dazu finden Sie auch in der Broschüre von 2011 des Aktionsbündnisses „Abgezockt und abgehängt“ über die Finanzierung von Stuttgart 21.