Die Stuttgarter Nachrichten (hier) berichten heute darüber, dass die Landeswasser-versorgung zwar auf Nachfrage bestätigt, dass sich das Verwaltungsgebäude an der Ecke zur Löbe-Staffel in den letzten acht Wochen um 5 mm gesenkt habe, von einer drohenden Evakuierung oder gar einem Baustopp sei jedoch keine Rede. Die Auswirkungen der unmittelbar unter dem Gebäude laufenden Tunnelbauarbeiten würden mit einem eigenen Messtrupp in Abstimmung mit der Bahn begleitet.
Für die vom Tunnelbau betroffenen Eigentümer im Kernerviertel kann dennoch keine Entwarnung gegeben werden. Wer von ihnen kann sich wie die Landeswasserversorgung im Schadensfall einen eigenen Vermessungstrupp leisten und gegenüber der Bauherrin Deutsche Bahn auf gleicher Augenhöhe Entschädigungszahlungen verhandeln ? Die Beweissicherungsgrenzen, innerhalb derer der Gebäudezustand von der Bahn bzw. den beauftragten Firmen festgehalten wird, sind zudem eng gefasst und beschränken sich auf ein Gebiet rechts und links der Tunneltrasse bis zur Werastraße. Obwohl dahinter der Fildertunnel anhydrithaltiges und damit quellfähiges Gestein durchfahren soll, sind die unterfahrenen Häuser bis auf einen schmalen Streifen von der Beweissicherung nicht mehr erfasst. Die Bahn argumentiert hier, dass in dieser Unterfahrungshöhe keine Schäden zu erwarten seien. Dies entspricht jedoch nicht den Erfahrungen in Stuttgart. Beim Bau des Heslachertunnel, der teilweise durch quellfähigen Anhydrit verläuft, hob sich vier Jahre danach schräg oberhalb des Tunnelfirst das Gelände in rund 70 Meter Höhe um 2-3 cm.
Die Netzwerke kritisieren die formal-geometrisch verlaufenden Beweissicherungsgrenzen, die sich nicht an den geologischen Verhältnissen orientieren. Sehen Sie hier ein Video des Vortrags von Dipl. Geologe Dr. Behmel von der Veranstaltung in Wangen vom 15.03.2013 zu den Gebäuderisiken und Beweissicherungsgrenzen. Auch in seinem Vortrag auf der Erörterung zum Grundwassermanagement forderte er erweiterte bzw. an der Geologie ausgerichtete, parzellenscharfe Beweissicherungsgrenzen.
Den Link zum Bürgerinformationssystem der Deutschen Bahn, in dem Sie den genauen Verlauf der Tunnelstrecken und die Bewesisicherungsgrenzen entnehmen können, finden Sie hier. Den Verlauf der Tunnelstrecken und die Höhenberechnung der DB hat Klaus Gebhardt auf FlügelTV in einem Video (Kurzfassung / Langfassung) näher erläutert.
Update : Im Gegensatz zu dem sehr (!) beschwichtigenden Artikel in der heutigen Stuttgarter Zeitung (hier) bestätigt der SWR, dass das Gebäude während der Bauarbeiten um 5mm angesackt sei:
Landeswasserversorgung bereits abgesackt: Die Landeswasserversorgung vermutet, dass ihr Verwaltungsgebäude über dem Wagen- burgtunnel aufgrund der Stuttgart-21-Bauarbeiten um etwa 5 Millimeter abgesackt ist. Das sagte ein Sprecher des Zweckverbandes gegenüber SWR 4 Radio Stuttgart. Bei einer Messung Ende Mai dieses Jahres habe sich das Haus noch nicht gesenkt. Erst danach begann die Bahn mit dem sogenannten Vortrieb im Tunnel darunter. Risse in der Fassade des Gebäudes waren allerdings schon bei früheren Messungen festgestellt worden. Nun wird man beobachten, ob diese Risse sich durch die unterirdischen Bauarbeiten vergrößern.