Nachdem die Bahn bereits im Umwelt- und Technikausschuss über den geplanten Immissionsschutz für das Kernerviertel informiert hat, kamen gestern Dr. Florian Bitzer, der Abschnittsleiter für die Technischen Fachdienste, der Immissionsschutzbeauftragte für Lärm und Erschütterung, Peter Fritz, und der Rechtsanwalt der Bahn, Dr. Peter Schütz, in den Bezirksbeirat Mitte. Die Folien der Präsentation können Sie hier abrufen. Die Stuttgarter Nachrichten berichten heute in ihrer Printausgabe. Folgende Themen wurden auf der Punkte behandelt:
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- Der Bau der 10 Meter hohen Lärmschutzwand entlang der Sängerstraße beginnt im Sommer. Die Lärmschutzwand wird eine U-Form haben, d.h. die Baustelle am Baufeld 25 in drei Richtungen abschirmen. Sie soll mindestens 3-4 Jahre während der Bauzeit des Baufeldes 25 und den Abrissarbeiten entlang der B14 stehen.Der Bau der Lärmschutzwand ist technisch aufwendig, da die Verankerung über eine Bodenplatte und Winkelstützen erfolgt. Wegen der vorhandenen Leitungen in diesem Bereich kann die Verankerung nicht in die Tiefe gehen. Die Wand muss auch die Windlast tragen.
- Die Innenseite der Wand ist mit absorbierenden Material ausgestattet. Durch die Lärmschutzwand soll der auf bis zu 80 dB(A) prognostizierte Lärmpegel in der unmittelbaren Umgebung der Baustelle um 25 dB(A) reduziert werden. Die SÖS-Bezirksbeirätin Rita Krattenmacher beantragte, dass von Seiten der Stadt Stuttgart die Wirkung einer Außendämmung der Wand geprüft wird, ob damit auch ggf. Schallreflektionen Richtung Urban-/Sängerstraße gemindert werden können. Mit drei Gegenstimmen der CDU-Fraktion wurde der Antrag im Bezirksbeirat Mitte angenommen.
- Im Herbst beginnen die Aushubarbeiten am Baufeld 25. Entgegen der Information auf der Anwohnerveranstaltung sollen jetzt im Baufeld 25 nicht 250 sondern nur 10-15 Rammpfähle in der Nähe des alten Polizeigebäudes wegen einer Doline gesetzt werden. Die Setzung der Rammpfähle seien -so die Aussage der Bahnvertreter- entgegen den vorliegenden erschütterungstechnischen Gutachten „immissionsarm“. Auf Nachfrage, wie dies mit den Aussagen seiner bisherigen Gutachten vereinbar sei, antwortete der Immissionsschutzbeauftragte Peter Fritz lapidar mit den Worten „Ich könnte ja sagen, was stört mich mein Geschwätz von gestern“. Das Netzwerk Kernerviertel hakt hier zu den widersprüchlichen Aussagen bei der Bahn nach. Aus Sicht des Netzwerkes ist ein aktualisiertes erschütterungstechnisches Gutachten erforderlich.
- Auch die Baustellenfläche an der Rettungszufahrt Süd neben dem Wagenburgtunnel soll im Herbst einen Deckel als Lärmschutzwand erhalten. Damit soll der Lärm der rund um die Uhr laufenden Tunnelbaustelle reduziert werden. Da der Bau des aufwendigen Verzweigungsbauwerkes wie bereits angekündigt nur langsam vorangeht, findet derzeit nur eine geringe Anzahl von Verladearbeiten statt.
- Ab November 2015 ist der Beginn des Vortriebs der Hauptröhren Richtung Wangen geplant. Spätestens ab diesem Zeitpunkt soll der Steinbrecher und das Förderband in Betrieb gehen. Die obertägige Brecheranlage wird nach Auskunft von Florian Bitzer nur zum Einsatz kommen, wenn deren Emissionswerte bei der Schallausbreitung infolge der ergriffenen aktiven Schallschutzmaßnahmen keine relevante Rolle spielen. Eine Verlagerung des Brechers und des Förderbandes in den Tunnel sei wegen der Krümmung der Rettungszufahrt nicht möglich.
- Damit setzt die Bahn die Verpflichtung aus der Planfeststellung bzw. dem Immissionsschutzrecht nach einer vorrangigen Prüfung und Umsetzung aktiver Lärmschutzmaßnahmen um. Auf diese rechtliche Verpflichtung hatte das Netzwerk Kernerviertel immer wieder darauf hingewiesen und begrüßt daher ausdrücklich die von der Bahn geplanten aktiven Schallschutzmaßnahmen. Dem Netzwerk ist mittlerweile auch das Schreiben des Eisenbahn-Bundesamtes vom 21.05.2013 bekannt, in dem die Aufsichtsbehörde die DB Projekt darauf hingewiesen hat, dass entsprechend dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.Mai 2009 an der Rettungszufahrt Süd wegen der sehr hohen prognostizierten Lärmpegel, der hohen Anwohnerdichte und der jahrelangen Bauarbeiten auch ein hoher Aufwand an aktivem Schallschutz verhältnismäßig sei.
- Die Kosten der beiden aktiven Schallschutzmaßnahmen benannte Florian Bitzer mit ca. 1,5 Millionen Euro (500.000 Euro Lärmschutzwand Sängerstraße / 1 Million Euro Schallschutzdeckel Rettungszufahrt). Auf die Rückfrage der CDU-Bezirksbeiräte, ob diese Aufwendungen aus der „Reserve“ genommen werden müssen, antwortete Florian Bitzer, dass es sich um reguläre Projektkosten handele.
- Soweit möglich, sollen alle Baustellenfahrzeuge statt der Intervallwarn-Pipser mit immissionsärmeren Krächzern ausgestattet werden. Bei einem Drittel sei dies bereits umgesetzt, bei den zwei Dritteln soll dies -so Bitzer- nach und nach geschehen. SÖS-Bezirksbeirat Ralph Schelle wies daraufhin, dass nach der Unfallverhütungsvorschrift und der Betriebssicherheitsverordnung keine akustischen Pipser vorgeschrieben seien. Die Bahn plant für die Bezirksbeiräte Mitte einen Vor-Ort-Termin, an dem die neue Rückwärtswarntechik vorgestellt wird. Das Netzwerk Kernerviertel kann mit einem Vertreter auch daran teilnehmen.
- Welche Auswirkungen die geplanten aktiven Schallschutzmaßnahmen auf die Lärmsituation und die bislang noch nicht umgesetzten passiven Schallschutzmaßnahmen für das Kernerviertel haben, wird ein neues schalltechnisches Detailgutachten ergeben. Dieses soll im August erstellt und dem Eisenbahn-Bundesamt vorgelegt werden. In diesem Gutachten sollen auch die bislang nur mit einem pauschalen Lärmwert angesetzten Bauarbeiten für den Nesenbachdüker und die SSB-Verlegung auf Basis der Ausführungsplanung berücksichtigt werden. Die SÖS-Bezirksbeirätin Rita Krattenmacher wies daraufhin, dass der Lärm entlang des Hangs zum Teil deutlich hörbarer sei als im unteren Teil des Kernerviertels. Dies solle auch bei den Berechnungen berücksichtigt werden.
- Für den Herbst plant die Bahn und die städtische Bürgerbeauftragte Alice Kaiser eine Informationsveranstaltung, in der die Anwohner des Kernerviertels über die Lärmschutz- und Baumaßnahmen informiert werden. Vorab sollen bei Baubeginn der Lärmschutzwand in der unmittelbaren Umgebung Flugblätter verteilt werden.